Führungsphänomen Bossing – wehren oder gewähren lassen?

von | Jan 30, 2020 | #mehrHINTERGRUND, Textbeitrag

„Ich bin beschäftigt, womit möchten Sie mich denn diesmal belästigen?“, fragt der Abteilungsleiter seine Angestellte, die mit flauem Gefühl im Magen vor ihrem Chef steht und nicht weiß, wie sie auf seine brüske Art reagieren soll. Wir fragen uns: Wann beginnt Mobbing am Arbeitsplatz? Und wir denken noch einen Schritt weiter – wann wird ein anspruchsvoller Führungsstil zu Bossing, also zu systematischem Mobbing durch den eigenen Chef? Das Führungsphänomen Bossing ist sowohl in kleinen und mittelständischen als auch in großen Unternehmen und Konzernen schon längst keine Seltenheit mehr und stellt für die Betroffenen sowohl in ihrem Berufs- als auch in ihrem Privatleben eine große Belastung mit teils gravierenden Folgen dar. Höchste Zeit also, um auf die Schikane aus der Chefabteilung aufmerksam zu machen und gemeinsam zu überlegen: Was tun, wenn der der eigene Chef mobbt?

Kleinmachen gilt nicht – Bossing auf fachlicher und persönlicher Ebene unterbinden

Bossing – Experten verstehen diese spezielle Form der vorsätzlichen Schikane als das systematische Mobben der Mitarbeiter durch den eigenen Chef. Meist beginnt es ganz harmlos und viele Mitarbeiter denken sich nicht viel dabei, wenn die Führungskraft wieder einmal unfreundlich oder gestresst auf eine Anfrage oder ein Problem reagiert. Doch hat Chefschikane viele Gesichter und was mit unfreundlichen Antworten oder harschen Ansprachen beginnt, entwickelt sich in einigen Fällen zu einem ständigen Missbrauch der Machtposition auf Seiten der Führungskraft und zu einer psychischen sowie physischen Belastung mit weitreichenden Folgen für den betroffenen Mitarbeiter. Dabei sind die Attacken des Chefs nach einiger Zeit meist willkürlicher Natur und beziehen sich nicht mehr nur auf die fachlichen Kompetenzen des Mitarbeiters. Der Unterschied zwischen Mobbing und Bossing wird in diesen Fällen immer auch durch die Position der Betroffenen in der Unternehmenshierarchie deutlich. So verfügen der gemobbte Mitarbeiter oder die schikanierte Kollegin niemals über denselben Status und damit über ebenso viel Macht oder Einfluss wie die Person, von der sie gemobbt werden. Dies hat oftmals zur Folge, dass sich Mitarbeiter nicht zur Wehr setzen und die Schikane sich von der fachlichen auf die persönliche Ebene weiterentwickelt. Das Bossing schadet dann nicht nur dem Selbstbewusstsein der Betroffenen, sondern wirkt sich durch körperliche Warnzeichen wie Kopfschmerz, nervöse Ticks oder Bauch- und Magenkrämpfe auch auf die Gesundheit der gemobbten Mitarbeiter aus. Umso wichtiger ist es, sich gegen Attacken aus der Chefetage frühzeitig zur Wehr zu setzen und der Führungskraft klare Grenzen aufzuzeigen: Bis hierher und nicht weiter!

Widerworte erwünscht – Was tun, wenn der Chef mobbt?

Häufen sich die Anzeichen für ein gezieltes Bossing durch den Chef, ist es ratsam, frühzeitig auf die Führungskraft zuzugehen und das direkte und offene Gespräch zu suchen. So können Missverständnisse aus der Welt geschafft und klare Grenzen gesetzt werden. Denn das Ausmaß von Angriffen und Sticheleien beruht immer auch auf der subjektiven Empfindung eines jeden Menschen – somit ist es umso wichtiger, einen gemeinsamen Konsens zu finden und sich der anderen Person, in diesem Fall dem eigenen Chef, mitzuteilen. Zeigt ein Gespräch unter vier Augen keine Wirkung, sollten sich Betroffene an den Betriebsrat, die Personalabteilung oder die Geschäftsleitung wenden. In diesem Fall ist eine gründliche Vorbereitung jedoch unerlässlich. Kollegen, die die Vorwürfe bezeugen und belegen können, eindeutige E-Mails und eine detaillierte Auflistung der Bossing-Vorfälle entkräften Verteidigungsstrategien oder Verleumdungen auf Seiten der Führungskraft und unterstreichen die Glaubwürdigkeit des gemobbten Mitarbeiters. Doch ganz gleich, welche Vorgehensweise Betroffene wählen – der erste Schritt ist getan, sobald sie den Entschluss fassen, sich zur Wehr zu setzen und besonnen, ruhig und sachlich gegen Bossing-Attacken auf fachlicher und persönlicher Ebene vorgehen.